Inspiration Natur


25.03.2023 bis 29.04.2023

Wenn man Kunsthandwerker*innen fragt, woher sie ihre Inspiration beziehen, dann ist die häufigste Antwort „aus der Natur“. Grund genug, um diese Inspirationsquelle einmal genauer zu beleuchten. Natur – das ist ein weites Feld. Da gibt es Gräser, Flechten, Moose, Blumen, Bäume, Wasser, Meer und Seen, große und kleine Tiere, Insekten. In der Ausstellung zeigen wir spannende, zeitgemäße Arbeiten zum Thema aus 10 Werkbereichen des Kunsthandwerks, Designs und der angewandten Kunst. Mit dieser Ausstellung nimmt die Handwerksform Hannover an den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks teil.

Die Inspiration zu der Kollektion „Zwiebelschalen“ kam Theresa von Bodelschwingh beim Kochen, genauer gesagt  beim Schneiden von Zwiebeln. Eine Tätigkeit, die jeder, der gerne kocht, meist mehrmals die Woche ausübt. Auch wenn es ihr mit tränenden Augen schwer fiel, schaute sie sich die Struktur, die Form und den Aufbau der einzelnen Schichten der Zwiebel ganz genau an und war fasziniert. Was für ein Wunderwerk der Natur! Und schnell wurde deutlich, dass man den sog. Zwiebel-Look, der sich in der Kleidung ja schon seit Jahren sehr bewährt, auch auf ein anderes Material – in diesem Fall die Keramik – übertragen kann. Die Form der liegenden Zwiebelschale hat einen gastfreundlichen Duktus, da die Ausrichtung und die Öffnung der Schalen dem Benutzer zugeneigt ist, wie bei einem alten Bonbonglas. Die unterschiedlichen Größen und Schichten der Zwiebelschalen ermöglichen ein platzsparendes Verstauen oder ein spielerisches Arrangement auf dem Tisch.

Theresa von Bodelschwingh: Zwiebelschalen, Porzellan
Theresa von Bodelschwingh: Zwiebelschalen, Porzellan

Während bei den Zwiebelschalen die Struktur des Naturprodukts für die Form Pate stand, liegt der Schwerpunkt der Arbeiten nach der Natur von Ilka Bruse beim Dekor. Ob Ohrring oder Kettenanhänger – ihre Schmuckarbeiten bestehen aus Collagen auf Papier, die in Metall gefasst werden. Fröhlich und lebendig sind da Blumen und kleine Vögel oder auch rote Elefanten zu sehen. Die Liebe zur Natur wird in allen Arbeiten spürbar.

Ganz anders beim Schmuck von Yvonne Dallach. Sie entwickelt ihre Schmuckstücke vorrangig aus Naturformen. Natur ist hier nicht Dekor, sondern Vorbild für die formale Gestaltung. Bei ihr finden sich sowohl Abformungen von Samen und Kapseln, aber auch Formen von Blättern oder Verläufe von floralen Strukturen, Oberflächen und Mustern. Viele ihrer Schmuckstücke bilden dabei Kombinationen aus naturgegebener Pflanzenornamentik und dazu modellierten Ornamenten.  So zeigen sich in ihren Schmuckkreationen und Objekten ganz neue, individuelle Muster, die bekannte Formen erkennen und gleichzeitig neue Formen entstehen lassen.

Yvonne Dallach: Objekte „Mohnkapsel“
Yvonne Dallach: Objekte „Mohnkapsel“

Bei Antje Damms Holzvögeln ist der Naturbezug mehr als offensichtlich. Diese Arbeiten entstanden als Erinnerung an ihre Kindheit, während der sie zusammen mit ihrem Vater viele Vögel beobachtet hat. Vögel sind für die Künstlerin Ausdruck der Freiheit und Schönheit, aber auch der Sensibilität der Natur. Für diese Objekte sammelt Antje Damm im Wald altes Holz und schnitzt daraus einfache, archaische Vögel, die sie dann mit Acrylfarben bemalt und auf Holzklötzen mit alten Fahrradspeichen als Beine befestigt. So entstehen bunte, fröhliche Vogelwesen, die ganz nah an die Natur heranreichen oder ins Reich der Fabel verweisen.

Antje Damm:  Holzvögel
Antje Damm: Holzvögel

Die Schmuckgestalterin Martina Ege hat vor einigen Jahren auf Reisen die Unterwasserwelt für sich entdeckt. Inspiriert von den vielfältigen organischen Formen und leuchtenden Farben der Meerestiere und Pflanzen entwickelt sie seitdem die ständig wachsende Schmuckkollektion „Blumentiere“. Die in aufwändiger Handarbeit gefertigten Kunstwerke werden in Wachs modelliert und dann in Silber gegossen. Durch Emaillieren erhalten die Colliers, Anhänger, Ohrringe und Ringe ihre Farbigkeit.

Martina Ege: Ring „Blumentiere“
Martina Ege: Ring „Blumentiere“

Auch Simone Fezer ist mit ihren Arbeiten in dieser Ausstellung vertreten. Die Inspirationsquelle Natur ist für sie von besonderer Bedeutung. Als Dendrophile arbeitet die Künstlerin gern mit Grüntönen und Puderstrukturen die die raue Oberfläche der Baumrinde nachempfinden, kombiniert transparente Grünschattierungen so, dass sie an das Flirren des Lichts im Blattwerk der Bäume erinnern oder die zarte, fragile Struktur der Blätter selbst aufgreifen. Auf der anderen Seite stehen wuchtige erdverkrustete Gefäße, aufgebrochen durch in erstarrte Hüllen geblasenes Glas. Aus Gefäßen wachsen Wurzeln, Schalen werden von Geäst getragen, gleichen selbst durchbrochenem Rankenwerk, sind von Insekten bevölkert oder mit glänzenden Fischschuppen bekleidet.  Alles wächst bei Simone Fezer, gefasste Naturgewalten drängen aus der strengen Form des Gefäßes, und möchten das Objekt selbst wieder einbetten in ihren Ursprung: die Natur.

Simone Fezer: Blattschälchen, Glas
Simone Fezer: Blattschälchen, Glas

Die Textilkünstlerin Ulrike Isensee zeigt in der Ausstellung unter anderem ihren Wandbehang „My Paradise Garden“. Dahinter verbirgt sich eine heitere Assemblage, deren Naturbezug auf den ersten Blick zu erkennen ist. Auf ein transparentes Netzgewebe hat sie Blüten und Blätter aus zerpflückten künstlichen Blumen appliziert. Dazwischen finden sich ausgeschnittene Filzblüten und Abbildungen von Vögeln: eine poetische Collage aus textilem Material. In ähnlicher Machart stellt sie auch transparente Blütenschals vor, kleine Blumenwiesen für den Hals, die wie Schmuck getragen werden können. Textile Blumen in fröhlicher Farbigkeit sind montiert auf einem filigranen Netz aus Leinenfäden, auf dem die kleinen Blüten zu schweben scheinen und die Assoziation an frühlingsbunte Wiesen und farbenprächtige Beete erlauben.

Ulrike Isensee: Wandobjekt „Paradise Garden“
Ulrike Isensee: Wandobjekt „Paradise Garden“

Nach der Natur arbeitet auch Julia Langstein. In Hannover-Linden fertigt die Textildesignerin unter dem Label `bodenkleid – rug art´ feine handgetuftete Teppiche aus reiner Schurwolle. Die hochwertigen Produkte werden als Unikate auf Kundenwunsch hergestellt. Hier ist die Natur Vorbild für das Dekor der Teppiche, die nicht nur auf dem Boden, sondern auch als Wandteppich verwendet werden können. Opulente textile Wandgemälde inspiriert von der Natur. 

Julia Langstein: Teppich „Island Mohn“
Julia Langstein: Teppich „Island Mohn“

Heike Meiners, deren Atelier in der Südstadt von Hannover zu finden ist, fertigt Schmuck vorwiegend aus Edelmetallen, ergänzt mit Edel- und Schmucksteinen. Sie ist von Strukturen und Konstruktionen, die in der Natur vorkommen, fasziniert. Dies können die Adern von Insektenflügeln sein oder der Aufbau und die Entwicklungsstufen von kleinen Meerestieren. Die Konstruktionen überträgt sie in tragbare Schmuckformen und schafft so filigrane kleine Schmuckkunstwerke.

Caroline Rügge bewundert die vielfältigen Formen der Natur und nutzt ihre Arbeit als Silberschmiedin, um sich diesen oftmals mikroskopisch kleinen Bausteinen der kosmischen Ordnung zu nähern und in die Tiefe der Natur vorzudringen. In der Ausstellung zeigen wir eine Serie von Silbergefäßen, in denen der puristische, metallene Körper Basis für „Auswüchse“ ist, die an Knospen, Ästchen oder Blumenknospen erinnern. Nach der Natur geformt und doch weit über die Natur hinausweisend.

Caroline Rügge: Objekt „Auswüchse“, Silber
Caroline Rügge: Objekt „Auswüchse“, Silber

Die Begeisterung für die alte Handwerkskunst des „Klöppelns“ ist Quelle und Antrieb für die Arbeit von Dorit Schubert. Sie klöppelt Ketten und Ohrschmuck, die zart und feingliedrig, gleichzeitig kraftvoll und deutlich wirken. Als Material verwendet sie Nylonfäden und dünnen Draht und bewahrt so die Leichtigkeit von Spitze. Es entstehen dreidimensionale Körper, abstrakt und geometrisch, aber auch Gebilde, die an Knospen, Dolden, Früchte erinnern. Aus der Natur nimmt sie auch die Inspiration für die Farben ihres Schmucks. Ketten und Ohrschmuck sind Einzelstücke. Sie ergeben ein harmonisches Zusammenspiel aus alter Handwerkskunst, neuem Material und Naturbetrachtung.

Dorit Schubert: Halsschmuck „Stachelbeeren“
Dorit Schubert: Halsschmuck „Stachelbeeren“

Seit ihrem Studium beschäftigt sich Kirsten Wittstruck mit Strukturen und Oberflächen aus ihrer Umwelt, aus Flora und Fauna, die sie abstrahiert und in ihrem Schmuck und ihre Gefäße überträgt. Handgefräste und auf zarte Goldblätter geprägte Insektenmotive treffen bei ihr auf Wirbelketten, die aus Schlangenwirbeln in diversen Materialien abgegossen werden. Auch der Blick weit über unsere Erde hinaus kann zur Inspirationsquelle werden, erinnert doch die Oberfläche ihrer Silberschalen ann die Kraterlandschaft des Mondes.

Kirsten Wittstruck: Broschen „Goldblätter mit Falter und Hummel“
Kirsten Wittstruck: Broschen „Goldblätter mit Falter und Hummel“

Teilnehmer*innen

  • Tina Altus, Sonstige
  • Jutta Arndt, Schmuck
  • Anne Bader, Schmuck
  • Theresa von Bodelschwingh, Keramik
  • Silja Böhm, Schmuck
  • Ilka Bruse, Schmuck
  • Sylvia Bünzel, Textil
  • Iuliana Rodica Circa, Textil
  • Yvonne Dallach, Schmuck
  • Antje Damm, Sonstige
  • Annette Dannhus, Keramik
  • Saskia Detering, Schmuck
  • Sylvia Doehler, Textil
  • Karin Eberhardt, Textil
  • Martina Ege, Schmuck
  • Simone Fezer, Glas
  • Andrea Fielitz, Schmuck
  • Imke Ganteför, Leder
  • Sarah Heber-Kohlmann, Keramik
  • Petra Hilpert, Keramik
  • Ulrike Isensee, Textil
  • Astrid Jansen, Leder
  • Atsushi Kitahara, Keramik
  • Jil Köhn, Schmuck
  • Kira Kotliar, Papier
  • Marion Krüger, Textil
  • Julia Langstein, Textil
  • Mathias Lehr, Schmuck
  • Gabriele Marl, Fotografie
  • Heike Meiners, Schmuck
  • Anne Menzel, Schmuck
  • Birgit Morgenstern, Textil
  • Patrizia Mund, Glasschmuck
  • Heide Nonnenmacher, Keramik
  • Caroline Rügge, Silbergerät
  • Dorit Schubert, Schmuck
  • Uwe Spiekermann, Stein
  • Cord Theinert, Metall
  • Claudia Westhaus, Schmuck
  • Kirsten Wittstruck, Silbergerät

Ausstellungseröffnung

Freitag, 24.03.2023, 20-22 Uhr

Begrüßung

Thomas Gehre
Präsident der Handwerkskammer Hannover

Einführung in die Ausstellung

Dr. Sabine Wilp
Leiterin Handwerksform Hannover

Öffnungszeiten der Ausstellung

Dienstag bis Freitag 12 bis 19 Uhr, Samstag 12 bis 17 Uhr
Sonntag, Montag und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen

Der Eintritt ist kostenfrei.

Ausstellungsführungen

Donnerstag, 30.03.2023 und Donnerstag, 13.04.2023
jeweils von 16.30 bis 17.30 Uhr
Durch die Ausstellung führt Dipl.-Des. Rüdiger Tamm

Europäische Tage des Kunsthandwerks


31.03.2023 bis 02.04.2023
Die Handwerksform Hannover ist ausnahmsweise auch am Sonntag von 12 – 17 Uhr geöffnet.  Mehr Informationen zu den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks unter: www.hannover.kunsthandwerkstage.de