Young Professionals

Dagmar Gerke: Glasobjekte „Spaces of Taiwan“, 2021/2022 Glas, mundgeblasen Foto: Louisa Heuter

17. September bis 15. Oktober 2022

In unregelmäßigen Abständen lädt die Handwerksform Hannover junge Kunsthandwerker*innen und Designer*innen ein, ihre Arbeiten im Ausstellungszentrum der Handwerkskammer Hannover einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Auf diese Weise bieten wir den Nachwuchstalenten ein besonderes Sprungbrett und zeigen der Öffentlichkeit die Vielseitigkeit, Innovationskraft und gestalterische Kraft der jungen Kreativszene des Kunsthandwerks und Designs.

17 Teilnehmer*innen aus den Werkbereichen Glas, Holz, Keramik, Schmuck, Silbergerät, Spielzeug und Textil sind in der Ausstellung Young Professionals vertreten. Sie zeigen neue Lösungen im Umgang mit dem Material, Ausgefallenes, Experimentelles und Unkonventionelles. Darüber hinaus präsentieren wir im Rahmen dieser Ausstellung die erste Young Collection, die vom Bundesverband Kunsthandwerk zusammengestellt wurde.

Das keramische Material ist die Domäne von Valena Ammon. Die Künstlerin und Designerin ist in der Schweiz aufgewachsen und lebt und arbeitet nun in Deutschland. Ihre Arbeiten werden von der Neugierde auf Materialien, Prozesse und Technologien angetrieben. In den letzten zwei Jahren hat sie sich zunehmend für den Einsatz neuer Technologien interessiert, nicht nur in der Produktion, sondern auch bei der Gestaltung von Oberflächen und Formen.

Auch Felicithas Arndt wird in der Ausstellung mit keramischen Objekten vertreten sein. Ihre Herangehensweise unterscheidet sich aber deutlich von Valena Ammon. Nach dem Abitur verbrachte Arndt mehrere Monate in China und Malaysia, um sich auf ein Studium der Sinologie und Südostasienwissenschaften vorzubereiten. Vier Semester später wechselte sie an die Kunsthochschule HfG Offenbach. Bei einer Exkursion in die Porzellanhauptstadt Chinas, Jingdezhen, lernte sie das Arbeiten mit Keramik und Porzellan kennen, das fortan ihren beruflichen Lebensweg bestimmte. Aus den Strukturen und Formen von Pilzen, Flechten, Korallen, Muscheln und Pflanzen bezieht sie die Inspiration für ihre Objekte aus Steinzeug oder Porzellan. Sie formt die Objekte frei von Hand oder stellt sie in einem speziellen Gussverfahren her, das dem Prozess natürlicher Sedimentierung der Entstehung von Muschelschalen nachempfunden ist.

Innovative und moderne Designs, darauf legt die junge Goldschmiedemeisterin Lucia Christoph besonderen Wert. Sie verarbeitet vor allem Silber mit farbig anodisiertem Niob. Ihre Formensprache orientiert sich an der Natur in allen Facetten. Mit Hilfe eines chemisch-physikalischen Prozesses, dem Anodisieren, entsteht auf der Oberfläche von Niob eine farbige Oxidschicht. Die intensiven Farben ändern sich je nach Betrachtungswinkel leicht, da das anodisierte Niob einen changierenden Effekt aufweist. So erhalten die Schmuckstücke farbige Akzente, die dennoch metallischen Charakter haben. Die farbige Oberfläche gibt dem Schwermetall eine optische Leichtigkeit analog zum Silber und analog zu den organischen Formen. Die Farbauswahl der Oxidschicht beschränkt sich auf eher dunklere Farbtöne, sodass der Kontrast zum hellen Silber möglichst hoch ist. Die farbigen Elemente werden durch die Silberkonstruktionen umgeben, da die Oxidschicht möglichst vor mechanischen Einflüssen geschützt sein sollte.

Spannende Glasarbeiten steuert die Hildesheimer Designerin Dagmar Christina Gerke zur Ausstellung bei: „Spaces of Taiwan“. Hinter diesem Titel verbergen sich insgesamt 33 Objekte mit unterschiedlichen Maßen aus mundgeblasenem Glas. Die Gefäße repräsentieren materialisierte Erinnerungen, die sechs verschiedene Orte Taiwans verkörpern. Sie kommunizieren durch ihre spezifische Farb- und Formgebung und fordern auf, in Gebrauch genommen zu werden. Mit Köstlichkeiten befüllt entsteht ein Umgebungs- und Handlungskontext, der in allen Kulturen anzutreffen ist: das gemeinsame Speisen.

Günther Stephan beschäftigt sich gern mit klassischen Goldschmiedetechniken in Verbindung mit modernen Technologien. Während seine Gussringe “rudimentär” mittels eines Fräsers aus Wachs gearbeitet und anschließend in Silber gegossen wurden, erkennt man beim Halsschmuck versus Trinkbecher die Exaktheit bis ins Detail. Diese Arbeit ist nicht nur ein Schmuckstück für den Hals, sondern kann auch als Trinkbecher für einen Shot verwendet werden. Durch die kleinteilige Bajonettmechanik können die Becher miteinander verbunden oder getrennt werden.

Patrizia Mund zeigt in der Ausstellung ihre Kollektion „Honigbienen“. Bei der Umsetzung des Konzepts stand die Analogie des Fließverhaltens von Honig und Glas im Vordergrund. Dafür kreierte sie transparente Glasperlen, auf die Blattgold aufgeschmolzen wurde. Eine Hommage an das Rubino Oro (Goldrubin), ein Glas, das für seine Farbintensität berühmt ist und dessen Rezept der Alchimist und Glasmacher Johann Kunckel 1679 in seinem Werk Ars Vitaria Experimentalis niederschrieb.

Die auf Juist lebende Goldschmiedin Ina Mutschler greift bei ihren Arbeiten die seit dem Mittelalter bestehende Tradition des ostfriesischen Goldfiligranhandwerks auf. Sie verwendet die alte Technik, um neuen modernen Schuck daraus zu kreieren: Nasenpiercings, Ringe und Creolen. 

Mara Niederprüm hat ein eigenes farbenfrohes Baukastensystem namens „Pimpalo“ entwickelt, ein Spielzeug für Kinder, das aber auch Erwachsenen Spaß machen kann. Die Grenze zwischen Spiel- und Kunstobjekt verschwimmt dabei.

In der Ausstellung werden auch Kleinmöbel von Andreas Pfister gezeigt. Die Produktion seiner Stücke ist zeitaufwändig und mit viel Handarbeit verbunden. Gemeinsam mit dem relativ kleinen Format, der klaren Formensprache und einer fast sakralen Atmosphäre sind es Möbel die eine ruhige und gelassene Betrachtung zulassen. Und zu betrachten, ohne Urteil, Anspruch und Effekthascherei, scheint ein seltenes Privileg.

Auch Lennard Wilde und Maurice Riegler greifen bei der Produktion ihrer Keramikserien auf das 3D-Druck-Verfahren zurück und lassen dabei besondere Oberflächenstrukturen entstehen, die das zentrale Designelement bilden. Die Nachbearbeitung und Glasur erfolgt nach wie vor handwerklich. 

Einen ganz besonderen Beitrag liefern Textilstudierende der Universität Osnabrück. Er entstand unter der Leitung der Webermeisterin Lucia Schwalenberg in der Beiderwandweberei in Meldorf. Bestandteil der Weberei ist ein Musterschatz mit komplexen Jacquardkartenläufen, historischen Webstühlen, Maschinen und Geräten sowie einem Archiv an Gewebezeichnungen und Musterproben. Angeregt durch die historischen Motive wurden neue Muster entwickelt und umgesetzt. Gestalterische Aufgaben verbinden sich mit Fragen von Inklusion und kultureller Nachhaltigkeit und spannen eine Brücke zwischen analogen und digitalen Technologien in der Gestaltung und Produktion von Textilien.

Teilnehmer*innen Young Professionals

  • Constanze Abroell – Keramik
  • Valena Ammon – Keramik
  • Felicithas Arndt – Keramik
  • Julia Bianca Berg + Alexandra Huhn – Textil
  • Lucia Christoph – Schmuck
  • Katharina Doll + Dominik Schmidt – Holz
  • Dagmar Gerke – Glas
  • Stephan Günther – Schmuck
  • Kerstin Hendik – Keramik
  • Laura Sophie Herrlich – Schmuck
  • Patrizia Mund – Glas
  • Ina Mutschler – Schmuck
  • Tim Neumann – Gerät
  • Mara Niederpruem – Spielzeug
  • Andreas Pfister – Holz
  • Lisa Rosemann – Keramik
  • Lotte Schlör – Glas / Keramik
  • Daphne Spiegel  – Glas
  • Günther Stephan – Schmuck
  • Lennard Wilde + Maurice Riegler – Keramik
  • Studierende der Universität Osnabrück / Textiles Gestalten

Teilnehmer*innen Young Collection 2022

  • Rosa Gies – Korb
  • Lena Grewenig – Schmuck
  • Thorben Heuer – Keramik
  • Lena Kaapke – Keramik
  • Jil Köhn – Schmuck
  • Niklas Link – Schmuck
  • Felicia Mülbaier – Schmuck
  • Laura Niemeier – Keramik
  • Andreas Pfister – Holz
  • Gabriel Tarmassi – Holz

Ausstellung
17.09.2022 bis 15.10.2022

Ausstellungseröffnung
Freitag, 16.09.2022, 20 Uhr bis 22 Uhr

Ausstellungsführungen
Donnerstag, 29.09. + 13.10.2022, 16.30 Uhr
mit Dipl.-Des. Rüdiger Tamm

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag 12 bis 19 Uhr
Samstag 12 bis 17 Uhr Uhr
Sonntag, Montag und an gesetzlichen Feiertagen geschlossen